Bellaria, 01. Juli 2022, um 22:52
Die Alten hatten ein Gewissen ohne Wissen;
wir heutzutag haben das Wissen ohne Gewissen.
Julius Wilhelm Zincgref
Bellaria, 01. Juli 2022, um 22:57
Perfektion
Perfekt zu sein bedeutet nicht
Schlau und hübsch zu sein.
Oder mit lächelndem Gesicht
Sich zu zeigen und innerlich zu weinen.
Perfektion bedeutet,
Zu sein so wie man ist.
Das Innere zu zeigen,
Egal wir trist es ist.
Denn Menschen die dich lieben,
denen ist es egal.
Sie werden nur getrieben,
Von ihrem Liebeswahn.
Drum vergesse nicht,
Perfekt ist man nur dann,
Wenn man nur sich entspricht
Und man, man selbst sein kann.
Julia Markgraf
hallertau1, 02. Juli 2022, um 09:29
zuletzt bearbeitet am 02. Juli 2022, um 09:30
Das regt zum Nachdenken an. Heute in der Zeitung habe ich zwei Todesanzeigen gelesen - Der eine Verstorbene hätte die zweiten Zähne schon haben können mit fast 90 Jahren. Der andere mit 55 Jahren mit noch nicht. Traurig, daß ich beide gekannt habe.
So, und nun zurück zu den schönen Gedichten.
Wer kennt eines?
Bellaria, 02. Juli 2022, um 18:28
Eins meiner Lieblingsgedichte .....
STUFEN
(von Hermann Hesse)
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
hallertau1, 02. Juli 2022, um 19:14
zuletzt bearbeitet am 02. Juli 2022, um 22:51
Oh ja, das kenne ich auszugsweise.
kartnliesl, 03. Juli 2022, um 01:42
Wie kennt man denn ein Gedicht auszugsweise🤔
Bellaria, 03. Juli 2022, um 09:06
Thomas Brasch (1977)
Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
Wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber
Die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber
Die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber
Wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber
Wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.
hansolo_forever, 03. Juli 2022, um 09:42
zuletzt bearbeitet am 03. Juli 2022, um 09:42
Mal ganz ohne Sarkasmus - gefällt sogar mir.
Erkenne mich in Teilen selber, aber
Was ich erkenne gefällt mir nicht.
Bellaria, 03. Juli 2022, um 13:24
zuletzt bearbeitet am 03. Juli 2022, um 13:28
Als ich dies zum ersten Mal las, schlug das voll bei mir ein und ich konnte mich darin wieder finden.
Mei, ist halt so .... was solls .... glaub', des is normal und gibt halt so Zeiten oder (wiedersprüchliche?) Impulse. Also ich erlaub' mir des schon, weil alles zwei Seiten hat.....
Keine Sorge, kannst dir dennoch gut gefallen ... :-)
Karl Valentin sagt:"Ich freue mich, auch wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem".
Finde, das dahinterliegende Schema kann man häufig anwenden ....
hansolo_forever, 03. Juli 2022, um 13:35
...oder, wie die coole Laura Dahlmeier in ihrem Gewehr eingeprägt hat:
'Scheiß' da nix, dann foid da nix!'
Oberbayrische Poesie eben... ;)
Bellaria, 12. Juli 2022, um 20:30
Freudvoll
Und leidvoll,
Gedankenvoll sein,
Langen
Und bangen
In schwebender Pein,
Himmelhoch jauchzend,
Zum Tode betrübt;
Glücklich allein
Ist die Seele, die liebt.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Bellaria, 12. Juli 2022, um 20:31
Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
Mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? vielleicht dein Lebensglück …
vorbei, verweht, nie wieder.
Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hasts gefunden,
nur für Sekunden …
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück …
vorbei, verweht, nie wieder.
Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
Und zieht vorüber …
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.
„Augen in der Großstadt“ Kurt Tucholsky
hallertau1, 12. Juli 2022, um 21:14
Was mich manchmal sehr erfreut :
Ich gehe in einer Stadt - da kommt eine Frau entgegen - man hat sich noch nie gesehen - und plötzlich lächelt man sich an
Bellaria, 21. Juli 2022, um 12:36
Gedicht – Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«
So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«
So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«
So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
hallertau1, 21. Juli 2022, um 16:17
Ja, schöööön
tych, 21. Juli 2022, um 16:38
sehr schöööööön!
niederdeutsches platt ... hört man an der nordseeküste allenfalls noch im landwirtshaus, hmmm: im dorfkrug! platt gilt übrigens als eigenständige sprache, nicht als dialekt.
"ick snack platt, du ok? we mockt dat nu achterndiek!", sagt der nach norden exilierte niederbayer
Bellaria, 21. Juli 2022, um 17:37
Dachte, sei ein Dialekt. Ok. Interessant.
Ne, ick nicht.
Leider, ist nämlich echt lustig.
Swig still, Jung. Das kann ich und sag ich schon mal.
Aber hinterm Deich gehts mir recht gut. Hab zwar schon Heimweh, weil Heimat halt Heimat ist, aber es geht uns recht gut hier.
Das Wetter hier ist ein Traum und ist für mich teils angenehmer als das in Bayern. Vor allem jetzt bei Hitze.
Warum snackst du platt? Wie kommts?
Torfrock aber, kann ich mich noch erinnern, hörten wir schon in Bayern. Woher der genau kommt, weiß ich grad auch nicht. Aber da hieß es:" Hebb di in de Käik (Küche) Krabbn puhlen sehn ....." weiß ich noch ....
Mok wat du wullt, de Lüü snackt doch. ;-)
“Eenlich wull ik Fenster putzen. Doch ik bin blitzt wurden… – Nu is de Lappen wech.”
Bellaria, 27. August 2022, um 22:59
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Mondnacht von Joseph Freiherr von Eichendorff
kartnliesl, 28. August 2022, um 03:01
dieses Gedicht, vertont von Schumann, hab ich als Teenie mit meiner Mutter am Flügel hundert mal gesungen . Ohne die Musik ist es nur halb so schön
hallertau1, 28. August 2022, um 09:45
Das freut mich
Bellaria, 28. August 2022, um 11:21
Jeder ist anders .... aber schön, dass ihr das zusammen hattet....
Selbst mag ich es lieber als Gedicht und für mich zum Lesen, was die eigene Bilderwelt in mir anregt und mich gut fühlen und träumen lässt.
Allerdings Folgendes mag ich lieber mit Melodie:
Wenn ich ein Vöglein wär
und auch zwei Flüglein hätt,
flög ich zu dir.
Weil’s aber nicht kann sein,
bleib ich allhier.
Bin ich gleich weit von dir,
bin ich doch im Schlaf bei dir
und red mit dir.
Wenn ich erwachen tu,
bin ich allein.
Es vergeht kein Stund in der Nacht,
da nicht mein Herz erwacht
und an dich denkt,
dass du mir tausendmal
dein Herz geschenkt.
hallertau1, 28. August 2022, um 14:48
Liebe. Liesl, ich habe bei YouTube Videos angesehen, aber da haben nur Männer gesungen. Aber, wenn eine Frauenstimme zu hören wäre, dann würde es mir sicher besser gefallen