blo17, 08. November 2024, um 13:34
Regierungs-Aus in Deutschland: Scholz’ schäbiges Spiel
Der sozialdemokratische Bundeskanzler hat seine Koalition schlecht geführt und schlecht beendet. Dass die SPD mit ihm in den Wahlkampf ziehen möchte, ist absurd.
Die deutsche Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP tat sich von Anfang an schwer damit, die Lage im Land realistisch einzuschätzen. Die sogenannte «Ampel» war ein Bündnis der Ideologie, des Irrtums und der Selbsttäuschung. Insofern war es folgerichtig, dass ihre Protagonisten in genau diesem Modus auch noch ihren Abgang verstolperten.
Am weitesten von der Wirklichkeit entfernt haben sich die Sozialdemokraten. Das zeigt sich an der geradezu irrwitzigen Vorstellung von Bundeskanzler Olaf Scholz, er könne nach dem krachenden Zusammenbruch seiner Koalition die Vertrauensfrage erst dann stellen, wenn es ihm in den Wahlkampf passt, also Anfang nächsten Jahres.
Die Opposition und die grosse Mehrheit der Bevölkerung reagieren darauf zu Recht entgeistert: Wer so oft das Wohl des Landes, den Anstand und den «Respekt» vor seinen Mitbürgern im Munde führt, der macht nach dem Koalitionsbruch selbstverständlich sofort den Weg für Neuwahlen frei. Alles andere ist schäbig.
Kein Kanzler hat häufiger von «Führung» gesprochen
Der Kanzler versucht nun, die Union mit einer imaginierten staatspolitischen Verantwortung dazu zu nötigen, Rest-Gesetzesvorhaben der «Ampel» zuzustimmen, die angeblich keinen Aufschub dulden. Der CDU-Chef Friedrich Merz hat dieses Manöver aber bereits dekonstruiert: Seine Partei werde sich Initiativen, die für das Land wichtig seien, natürlich nicht verschliessen, sagte er – aber erst nachdem Scholz die Vertrauensfrage gestellt habe, am besten in der kommenden Woche.
Die SPD täuscht sich ausserdem in atemberaubender Weise, wenn sie es für erfolgversprechend hält, erneut mit dem gescheiterten «Ampel»-Kanzler Scholz als Kanzlerkandidat in den bevorstehenden Wahlkampf zu ziehen. Kein deutscher Regierungschef hatte schlechtere Beliebtheitswerte als er; keiner hat häufiger von «Führung» gesprochen und weniger geführt; keiner machte in dem Amt eine derart sprachlose, verlorene Figur.
Seine Partei hat keinerlei Gespür mehr dafür, für wen sie eigentlich Politik veranstaltet. Statt in schwierigen Zeiten halbwegs vernünftige Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Arbeit zu schaffen, hat sie sich den grünen Transformationsphantasien ergeben. Statt sich konsequent für die Belange von arbeitenden Menschen einzusetzen, hat sie sich auf die Empfänger von staatlichen Transferleistungen kapriziert (die sie überwiegend gar nicht wählen).
Mehr von dem, was schon jetzt nicht funktioniert
Im Wahlkampf wird man beobachten können, wie die Partei auf noch mehr von dem setzt, was jetzt schon nicht funktioniert: mehr Scholz, mehr Rente und Bürgergeld, mehr «Kampf gegen rechts», mehr «besonnene» sozialdemokratische «Friedenspolitik». Damit dürfte die SPD bestenfalls noch ihre unerschütterliche Stammwählerschaft von 15 Prozent erreichen.
Der FDP-Chef Christian Lindner, der jüngst angesichts katastrophaler Landtagswahlergebnisse und Umfragen recht offensichtlich auf seinen Hinauswurf durch Scholz hinarbeitete, täuscht sich allerdings auch: Mehr Würde hätte es gehabt, wenn er aus freien Stücken gegangen wäre.
Die Liberalen hätten durchaus begründen können, warum sie die Schuldenpolitik und den wirtschaftsfeindlichen Klimakurs ihrer rot-grünen Partner nicht länger mittragen wollen. Sie waren ohnehin nur durch die Fehleinschätzung in dieser Regierungskonstellation gelandet, dass sie mit SPD und Grünen zusammenarbeiten könnten, ohne ihre eigene Klientel vor den Kopf zu stossen. Ein bisschen Cannabisfreigabe, ein wenig transgenderfreundliche Politik und das Etikett «Fortschrittskoalition» reichten aber nicht aus, um im Sinne bürgerlich-liberaler Wähler gut zu regieren.
Die grosse Illusion der Grünen ist, es gebe volksparteihafte Mehrheiten für die grosse «sozialökologische Transformation», für eine übereifrige Klima-Agenda oder für feministische Aussenpolitik. Ihr hoher moralischer Ton passt nicht mehr in die Zeit. Verteidigung, Wirtschaft, Migration lauten heute die Prioritäten, halbwegs glaubwürdig besetzt werden diese Themen derzeit von anderen Parteien. Rot und Grün sind aus der Zeit gefallen.
https://www.nzz.ch/meinung/kanzler-scholz-zoegert-die-neuwahlen-in-deutschland-hinaus-das-ist-schaebig-ld.1856635
Soolbrunzer, 08. November 2024, um 15:32
Ich fand Linder halt wesentlich schäbiger. Ist aber sicherlich Ansichtssache.
blo17, 08. November 2024, um 15:46
Es geht hier aber nicht um Lindner, sondern um die Neuwahlen in Deutschland. Dafür MUSS Scholz die nächsten Tage die Vertrauensfrage stellen!
blo17, 08. November 2024, um 15:47
Weber dringt auf schnelle Neuwahl auch wegen der Weltpolitik
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), der CSU-Politiker Manfred Weber, sieht für die Unionsforderung nach einer schnellstmöglichen Neuwahl des Bundestages auch internationale Gründe. «Putin und andere Feinde Europas dürfen nicht die Nutznießer sein eines führungsschwachen Kanzlers Scholz und des Versagens der Ampel», sagte Weber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Weder Deutschland noch Europa können sich eine lange Schwächephase leisten, gerade auch vor dem Hintergrund der US-Wahl», mahnte der CSU-Vizechef. «Es braucht schnellstmöglich Neuwahlen sowie eine stabile und handlungsfähige Bundesregierung.»
Scholz will über eine Vertrauensfrage im Bundestag eine Neuwahl Ende März herbeiführen. Die Union dringt darauf, dass Scholz die Vertrauensfrage früher stellt.
Quelle: dpa
https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/weber-dringt-auf-schnelle-neuwahl-auch-wegen-der-weltpolitik-110097756.html
Blechkultur_Kim, 08. November 2024, um 16:06
soviel zeit muss schon noch sein um Verwandte, Bekannte und Freunde mit Posten und Beförderungen zu versehen.
Die ein oder andere NGO muss bestimmt auch noch zwingend bedacht werden.
"Spaß" beiseite. Ich denke mit dem neuen Finanzmister kann jetzt die Schuldenbremse ausgehebelt werden. So kann man den Haushalt incl der Ukraine Hilfen usw doch durchboxen.
ob das so gut ist....
Mmn wäre es mal an der Zeit ans Sparen zu denken und unnötige Ausgaben zu reduzieren. Führen durch Vorbild sozusagen...
Vielleicht hat er es auch schon wieder Vergessen das es vorbei ist
und ob jetzt Linder wirklich so böse war oder wer wirklich Schuld hat... k.a.
aber jetzt sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen ist armselig
christophReg, 08. November 2024, um 17:02
Das erste, was jede andere Regierung machen wird, ist die Schuldenbremse aussetzen. Insofern Eine Garantie, dass wir den jammernden Porschfahrer (vorerst) los sind. Obwohl vielleicht macht er es ja mit der Union, bevor er gar nicht mehr darf
jGoetz, 08. November 2024, um 17:33
Wegen mir kann die Schuldenbremse so bleiben wie diese installiert und eingestellt ist. Aber wer möchte kann doch privat Spenden an wem auch immer, so viel man möchte! Auf geht's, nur keine falsche Scham. Zeigt den Bürgern wie man die Neugewonnene Arbeitslosigkeit bekämpft.
Sporter, 08. November 2024, um 17:51
Steht der Linder bei Neuwahlen nicht mehr zur Wahl oder warum soll der hier kein Thema sein?
Angeblich soll der ja aber schon ein entscheidende Rolle gespielt haben das jetzt zu Neuwahlen kommen soll, das ist auch nicht Thema?
Was der Scholz damit bezwecken will, erschließt sich mir aber auch nicht. Dass das zu schlechter Presse führt hätte er sich doch denken können.
Da tut er seiner Partei keinen Gefallen und die könnten seit langer Zeit dann nicht mehr in der Regierung sitzen.
jGoetz, 08. November 2024, um 18:06
zuletzt bearbeitet am 08. November 2024, um 18:06
Geld, was einem nicht gehört oder was man nicht hat, wird gerne von Politikern, die keine Ahnung von Marktwirtschaft haben, ausgegeben. Damit muss Schluss sein. Unsere Regierung kann nicht ewig über den eigentlichen Verhältnissen leben. Mein Großvater Seelig sagte immer: " Gegessenes Brot kann man nicht zurück bezahlen". Unsere Politiker haben 10 Jahre lang, mit Zig Milliarden Euro um sich geworfen, als gäbe es kein "Morgen" mehr. Damit dürfte es nun langsam Schluss sein.
gasso, 08. November 2024, um 18:06
Das austauschen der Freundlichkeiten wird den Beteiligten eher schaden als helfen. Den Nutzen haben wohl andere.
faxefaxe, 08. November 2024, um 18:23
zuletzt bearbeitet am 08. November 2024, um 18:30
Keine Ahnung von Marktwirtschaft hat, wer meint, der Staat solle Investitionen in Infrastruktur bleiben lassen, weil er „sparen“ soll. Wir gehen hier gerade weltweit einen Sonderweg - darum wachsen die meisten, nur wir nicht.
Investitionen in Infrastruktur zahlen sich auch kreditfinanziert aus (davon profitieren auch erst künftige Generationen, warum sollen sie es nicht mitfinanzieren?)
wenn sie geschickt getätigt werden, erhöhen sie auch den Verschuldungsgrad nicht, weil die Volkswirtschaft wächst.
deswegen muss man nicht sechs oder sieben Prozent Defizit jedes Jahr machen, wie die Italiener oder Franzosen teilweise. Aber eine Schuldenbremse gesetzlich festzuschreiben, war eine dumme Idee. Das wissen auch fast alle.
Soolbrunzer, 08. November 2024, um 18:29
2
jGoetz, 08. November 2024, um 18:57
Man musste der EU wie ein räudiger Hund in Sachen Verbrenner Aus, abschalten der Atomkraftwerke usw. hinterher laufen. Geschlechter Wahlrecht, Gendern usw. waren die obersten Prämissen, die diese Regierung sich an die Fahnenstangen geschrieben haben. Notenschlüssel für die Abiturenten wurden nach unten korrigiert damit wir in den Wertungen der Pisa Studien nicht die letzten Plätze einnehmen. Warum soll der Steuerzahler für die Fehler von Trampolin- Diven, Märchen-Onkeln usw. aufkommen. Hier sind einige mit dem Klammerbeutel gepudert ohne es zu wissen. Deutschland befindet sich im Freien Fall. Den Aufschlag wird man Weltweit hören können.
Wenn Ihr Geld über habt, gebt es dem Habeck, der ist gerade dabei ein "Crowdfunding" für die Bevölkerung einzurichten, die in absehbarer Zeit ihre Arbeit und ihren Broterwerb verlieren.
faxefaxe, 08. November 2024, um 19:03
Oh, Goetzi will heute im Bullshit Bingo gewinnen. Ich denke, der Sieg ist ihm sicher.
jGoetz, 08. November 2024, um 19:11
zuletzt bearbeitet am 08. November 2024, um 19:14
Faxe, solche Antworten lese ich immer, wenn Ich das Handelsblatt studiere. Lese und verfolge zumeist jedoch nur Aktien und Edelmetallkurse. Immerhin ist das Blatt mit knapp 10% Minus der Leserschaft im letzten Quartal doch sehr erfolgreich.
So, noch ne Runde Zocken dann ins Bett. Sonntag mit dem Flieger weder zurück.
faxefaxe, 08. November 2024, um 19:14
Dem Handelsblatt geht es blendend. Ich habe Dir schon einmal empfohlen, heutzutage Digitalmedien nicht mehr nach IVW-Zahlen zu bewerten.
da würde ich mir andere Sticheleien überlegen, wenn ich argumentativ nicht weiter komme.
Ex-Sauspieler #580037, 08. November 2024, um 19:14
@faxe, 2 für den vorletzten Beitrag.
Im Gegensatz zu Lindner wissen die meisten, dass Infrastruktur verrotten zu lassen nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun hat.
Vernünftig investieren, notfalls mithilfe von Krediten, um zu.B.das Schienennetz und die maroden Brücken zu sanieren würde die Konjunktur gut anschieben. Mit den daraus generierten Steuereinnahmen kann man das Bildungswesen aus bessere Beine stellen usw. usw.
Hexenmeister, 08. November 2024, um 19:15
Bildzeitung Blo haut mal wieder eine Schlagzeile raus!
faxefaxe, 08. November 2024, um 19:20
Ja, Norman, es gibt auch praktisch keine Ökonomen, die nicht für eine Modifizierung der Schuldenbremse sind (zb Investitionen ausnehmen). Wir können nicht mal Strassenlöcher flicken, von Investitionen in Digitalisierung braucht man da gar nicht erst zu reden.
und wir müssen natürlich auch mehr in Verteidigung stecken, etc pp
christophReg, 08. November 2024, um 19:24
zuletzt bearbeitet am 08. November 2024, um 19:24
"Geschlechter Wahlrecht, Gendern usw. waren die obersten Prämissen, die
diese Regierung sich an die Fahnenstangen geschrieben haben."
Das ist tatsächlich dämlicher Bullshit. Das mögen durchaus Punkte der Grünen sein, zur obersten Prämisse haben es aber die anderen gemacht. Allen voran unser Verbotsministerpräsident.
Oberste Prämisse bei den Grünen war schon immer die Abkehr von der Kernkraft. Die haben sie zwar nicht beschlossen aber in Regierungsverantwortung auch nicht torpediert. Das mindeste, was sie der Zukunft in diesem Land und ihren Wählern schuldig waren.
Dafür haben die Porschefahrer das Tempolimit erfolgreich boykottiert (übrigens gegen den Willen der Mehrheit in der Bevölkerung). Da bekommt halt jeder mal was ab, so ist das in der Politik.
Birkenpilz, 08. November 2024, um 19:24
Bin echt gespannt, wie Merz das lösen will. Hoffe, ihm werden von allen Seiten Prügel zwischen die Füsse geworfen, sowie er es selbst gerne tut. Ist ja ne kleine Schneeflocke, wird nicht lange dauern, bis er durchdreht. Also wenn die FDP in den Bundestag kommt, wünsche ich sie dem Merz gerne an den Hals.
Schön wäre es natürlich, wenn die Union bei der Schuldenbremse über ihren Schatten springt, aber falls nicht, will ich wenigstens Unterhaltung haben.
faxefaxe, 08. November 2024, um 19:36
Ich glaube ja, dass eine CDU-FDP-Regierung schon für alle Beteiligten das Beste wäre (schwarzgrün ginge ebenso, aber das will Söder ja nicht). Auch die werden die Schuldenbremse wohl lockern.
“Große Koalition“ oder Dreierbündnis wäre wieder Stillstand.
wenn sie dann Erfolg haben, hilft das dem Land. Wenn nicht, kann wieder die Opposition ran.